Imre Török, Die Königin von Ägypten in Berlin

Der neue Roman begeistert viele Leserinnen und Leser. 2019 ist zudem eine sehr schön gemachte Sonderausgabe des Romans erschienen. Angaben weiter unten.
Die ergreifende, spannungsvolle Geschichte spielt 1943 in Berlin und ist zugleich Spiegelung der Gegenwart. Die Romanheldin, "die Königin von Ägypten", ist Djavidan Hanum, eine historische Person. Sie war Schriftstellerin, Komponistin, Malerin und Frauenrechtlerin, geboren 1877 als ungarische Gräfin May Török von Szendrő. Anfang des 20. Jahrhunderts nahm sie als Ehefrau des Khediven (Herrscher) von Ägypten den Namen Djavidan Hanum an. Zurück in Europa lebte sie u. a. in Wien und Berlin. Sie starb 1968 in Graz. Djavidan Hanum und ich gehören derselben traditionsreichen ungarischen Adelsfamilie an. Von ihrem Leben voller Abenteuer in Amerika, Europa, Ägypten und Istanbul handelt das Buch. Zugleich erzählt es von einer leidenschaftlichen Liebe in den Tagen des Krieges, von der Magie der Kunst, vom Lebensrecht aller Lebewesen in einer Welt voller Gewalt. Die "Begegnung" in Berlin zwischen Nofretete und ihrer späteren Nachfolgerin Djavidan auf dem ägyptischen Thron zählt zu den Höhepunkten des Romans. Entscheidende Szenen spielen im Nationaltheater Weimar und im KZ Buchenwald. Die Romanhelden riskieren dabei ihr Leben. Historische Figuren, u.a. Sophie und Hans Scholl, Falk Harnack treten im Roman ebenfalls in Erscheinung. Das Buch thematisiert nicht zuletzt den Widerstand gegen Diktatur und Faschismus, durchaus auch bezogen auf heute.

Eine Collage aus historischen Fakten und traumhafter Fiktion und "ganz große Literatur", wie der Kritiker und Romanautor Peer Langenfeld schrieb.

"Es gibt Romane, die beeindrucken so stark, dass es der ganz großen Worte bedarf, um ihnen in der Bewertung gerecht zu werden. Imre Töröks neuester Roman 'Die Königin von Ägypten in Berlin' ist so einer. Hier zeigt sich ein Großmeister des Erzählens, ein Magier der Sprache; er ist Steppenwolf und der Glasperlenspielmeister (Magister ludi) Josef Knecht in einem, gerade dort, wo ein spielerischer Umgang mit geistig-seelischen und kulturellen Inhalten gepflegt wird, angeleitet von Djavidan, der Hauptfigur, und symbolisch gipfelnd im "Himmel-und Hölle-Spiel", das mancher vielleicht noch aus seiner Kindheit kennt, aber gewiss noch nie so erklärt bekommen hat."
Hans Zengeler, Schriftsteller, Romanautor

Hier erzähle ich in einem Interview über meinen Roman: http://interviews-mit-autoren.blogspot.de/2017/07/helga-konig-im-gesprach-mit-dem.html

Aktuelles zum Roman auch auf meiner Facebookseite: https://www.facebook.com/imre.torok.9849

Prof. Peter Blickle und Nina George über den Roman

Da ist Dir wirklich großartige Literatur gelungen. Du hast die Figuren, Du hast den Ton, Du hast die Handlung. Und auch das, was Du historisch erforscht hast, ist immer perfekt, spannend, und man lernt viel.
Der Roman liest sich über weite Strecken wie ein Thriller mit vielen, vielen lyrischen Passagen. Er kombiniert zwei Genres auf die wunderbarste Weise. Da steckt viel Spannung drin, gehen so viele Szenen als Bilder vor einem auf. Und die Figuren sprechen beinahe schon als magische Filmfiguren.
Wirklich allererste Klasse!

Peter Blickle
Prof. für deutsche Gegenwartsliteratur an der Western Michigan University (USA)
Seine neueste Buchveröffentlichung:
"Die Erbschaft"
Roman
2024


Bestseller-Autorin Nina George im Klappentext des Romans:

Imre Török hat noch immer das Herz eines zutiefst erschrockenen Kindes - und dieses Kind schreibt traumverloren, drastisch und sicher über Krieg, über Liebe, über das Damals, das so dicht am Heute entlang schrammt, dass es zwischen unseren Händen und Buchdeckeln empor wächst.
Dieses Buch tanzt. Es weint, es schreit, es verlockt, es verwirrt. Genauso muss Literatur sein.
Török ist ein Weltenwanderer.

Nina George
Schriftstellerin, Bestsellerautorin
Romane: "Das Lavendelzimmer", "Das Traumbuch", "Die Schönheit der Nacht" u.a.
(Eintrag Nr. 0)

Autorin Nicole Walter zum Roman

"Gefrorene, doch gerade süß tauende Einsamkeit verschlingt sie. Ein Sog des Weltalls reißt mit erdferner Melodie ihre Seelen aus dem Leib. Sie keuchen, sie jauchzen, sie jammern. Während silbrige Kristallfäden von ihren Netzhäuten über fiebrig zitternde Nervenbahnen in alle Körperzellen perlen, gleichsam einzelne Töne einer allumfassenden Melodie."
Zitat aus dem Roman.

Es ist nicht nur die Geschichte der Königin von Ägypten in Berlin, wundersam, ergreifend, spannend und traurig, es ist die Magie der Sprache, die mich in den Bann, mehr noch in eine andere ferne Welt zieht.
Sätze wie diese:
"Schon immer sehen Tiere das magische Glühen des Seins, schon immer hören sie den Gesang des Universums, seit Tiere die Welt wahrnehmen."

Ich habe Imre Töröks Roman langsam gelesen, weil kein einziger Satz, kein Gedanke in der Hektik des Alltags untergehen darf. Einfach wunderbar - Die Königin von Ägypten in Berlin.
Nicole Walter
(auch Nicole Walter-Lingen)
Schriftstellerin und Drehbuchautorin
Eines ihrer faszinierenden Bücher: "Das Glück umarmen" Ein Achtsamkeits-Roman, Droemer Knaur
Auch andere Romane von ihr habe ich begeistert gelesen.

Ein tief trauriger Nachtrag:
Meine sehr geschätzte, junge Kollegin und liebe Freundin starb 2022.

(Eintrag Nr. 1)

Ein ganz besonderes Buch

Rezensionen

Ein ganz besonderes Buch.
Imre Török ist verwandt mit Djavidan Hanum, geborene Gräfin May Török von Szendrö. Möglicherweise gelingt es ihm auch deshalb, die Figur der Künstlerin, Globetrotterin und Freiheitskämpferin bereits nach wenigen Sätzen lebendig werden zu lassen. Djavidan tritt auf und bezaubert nicht nur ihren entfernt Verwandten, den ungarischen Diplomaten, auch der/die Leser/Leserin wird sofort in ihren Bann gezogen.
In den dunklen Jahres des zweiten Weltkriegs zeigt sich Widerstand durch die Kraft des Humanismus. Ein sehr poetisches, sprachgewaltiges Buch, das trotz des dunklen geschichtlichen Hintergrundes den Leser/die Leserin durch starke Bilder und Gedanken glücklich und zuversichtlich hinterlässt.

Rezension von Regina Reich (bei "amazon")


*

Verquickung von realen und fiktiven Figuren
Die ungarische Gräfin May Török von Szendrö und die ägyptische Prinzessin Djavidan Hanum in Personalunion; der ungarische Diplomat Andreas Szendrö; Josef, der Chauffeur des Diplomaten, Berlin 1942/43; eine beinahe tödliche Begegnung mit dem Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, auf der Reichsautobahn; Sophie la Bendola, Balletttänzerin am Deutschen Nationaltheater Weimar, der ungarische Häftling Levente Sárközi im KZ-Lager Buchenwald; der nationalsozialistische Widerstand mit den Brüdern Harnack und Sophie Scholl und der Autor Imre Török von Szendrö, weitläufig verwandt mit mindestens drei Personen der Romanhandlung - eine solche Verquickung von realen und fiktiven Figuren verspricht einen spannenden Plot.
Und der wird bereits in den Eingangspassagen geliefert!

Rezension in "tabularasa" - Zeitung für Gesellschaft und Kulturen

(Die vollständige, überaus sympathische Rezension von Wolfgang Schlott findet man unschwer im Internet.)

(Eintrag Nr. 2)

Autorin Christine Neumeyer zum Roman

Umso älter ich werde, desto lieber lese ich Bücher mit einem ernsten, tiefgehenden Grundthema, die dennoch einen letztlich positiven und hoffnungsfrohen Eindruck hinterlassen, wie das Buch von Imre Török.
Christine Neumeyer, Schriftstellerin, Wien
Bücher u.a.: "Mit der Kraft von Purpur","Spargelmorde", "Die Päpstin von Mailand"
(Eintrag Nr. 3)

Autorin Ursula Günther zum Roman

Ursula Günther (Charlotte Buchholz):
Ich hätte das Buch gern ohne Pause gelesen, aber mein Zeitbudget ließ es nicht zu. Doch als ich es nach etlichen Pausen zuklappte, wusste ich, dass ich es unbedingt bald noch einmal lesen werde.
Meine erste Begegnung ging so:
Ich schlug es auf einer beliebigen Seite auf, da zog mich der Name einer Stadt in den Bann, es war der meiner Heimatstadt Guben.
Wie kommt in Imre Töröks Buch mein kleines Guben, gelegen am östlichsten Rand Deutschlands, hinein? Fürs erste vergaß ich meine Frage, denn das Buch selbst und die fast märchenhaft anmutende Heldin und schillernde Persönlichkeit Djavidan Hanum zogen mich in ihren Bann.
Trotz aller Dramatik scheint stets ein feiner Humor auf. Da schreibt jemand, dachte ich, dem Schweres durchaus selbst geläufig ist, der aber gleichzeitig die Menschen sehr liebt.
Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen.

Ursula Günther veröffentlicht unter dem Pseudonym "Charlotte Buchholz", u.a. "Jans blinkende Welt". "Wenn sich die Welle legt" oder in "Der Pascha von Magdeburg", Herausgegeben von Dr. Mieste Hotopp-Riecke

(Eintrag Nr. 4)

Weitere Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern

"Kann ich nur empfehlen - Frau und Freundin waren auch begeistert!"
Michael Lobisch-Delija, Autor

Die "Königin von Ägypten in Berlin" hat mich bis gestern Nacht amüsiert, streckenweise sehr, sehr nachdenklich zurück gelassen - und Vergleiche zwischen damals und heute ziehen lassen. Beängstigendes Ergebnis, das hoffentlich nie Realität wird.
Danke für den Lesegenuss von der 1. bis zur letzten Zeile! Jetzt folgt Dein Roman "Insel der Elefanten" auf den ich mich schon sehr freue.
Leserin aus Baden-Württemberg

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"Meine Frau hat es in zwei Tagen gelesen und meint, sie müsste es noch öfter lesen."
Jetzt bin ich dran."
Leser aus Stuttgart

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"Das Buch ist ein Diät Buch, ich las den 1.Satz und nach 3 Stunden Lesen fiel mir ein, dass ich noch kein Mittag gegessen hatte, so musste ich schweren Herzens das Buch beiseite legen.
Abends im Bett dann weitergelesen.
Was für ein Buch!!
Ich hatte Herzklopfen beim Lesen.
Das Buch ist echt der Hammer, und ich lese sehr viel!!"
Leserin aus Rostock

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"Die Königin von Ägypten in Berlin" habe ich im Sommer gelesen. Während des Lesens und auch nach Monaten kann ich mir die Orte und Szenen bildlich vorstellen.
Es sind viele Abschiede verarbeitet in der Handlung und vieles ist schmerzvoll. Das Schicksal der Menschen, insbesondere das von Andreas, hat mich ergriffen. Ich war in Sorge um das Leben und die Gesundheit von Djavidan und erfreut über ihre Kühnheit, Weisheit und (Verzeihung) Unverwüstlichkeit. Die Dame spielt mit Identitäten und bleibt sich dennoch treu. Sie lebt gerne, kämpft und sorgt für Wärme.
Ich werde Dein action-reiches, rasantes und gleichzeitig weises und kluges Buch noch einmal lesen. Und es ist herrlich, dass auf Seite 15 bereits Liebe und Sinnlichkeit sprechen.
Leserin aus dem Schwarzwald (frühere Besucherin eines meiner Schreibseminare)

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Gestern Abend habe ich begonnen zu lesen und kann nicht mehr aufhören.
Es ist für mich unfassbar wie Du Dich in die letzten Kriegsjahre hinein gedacht hast.
Wo hast Du das Wissen über diese Zeit her? Klar, es gibt Erlebnisberichte schriftlich und mündlich, doch gehen Deine Gedanken nach meinem Gefühl weit darüber hinaus.
Befreundete Leserin aus Baden, sie hat die letzten Kriegsjahre, in denen der Roman handelt, als junge Krankenschwester erlebt.

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Ich habe Ihr Buch bei der Lesung in Pforzheim gekauft. Also ich wollte Ihnen sagen, dass ich vollkommen begeistert bin. Einfach Bravo, Bravo!!!
N.T.

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Was für ein Feuerwerk! Diese Frau [Djavidan] hatte wirklich Paprika im Blut.
Der Roman ist ein wichtiger Beitrag gegen das Vergessen. Zum einen dieses unmenschlichen Staates mit willigen Helfershelfern und zum anderen der Menschen, die unter Lebensgefahr dagegen gekämpft haben.
Sophie Scholl ist eine davon.
Der Stellenwert, den die Tiere als gleichberechtigte und schützenswerte Lebewesen einnehmen, erinnert mich an den von mir verehrten Albert Schweitzer in seiner Forderung: Ehrfurcht vor dem Leben.

Imre Török, ein poetischer Märchenerzähler. Realität und Märchenhaftes greifen ineinander und helfen in tiefster Not, die Hoffnung nicht zu verlieren.
Leserin aus Thüringen (2020)

(Eintrag Nr. 5)

Leseprobe

Leseprobe
Auszüge aus Kapitel 2

Der Volksempfänger meldete, dass ein feindliches Bombergeschwader in den norddeutschen Luftraum eingeflogen war. Warten auf neue Nachrichten über den Kurs der Bomber, nervenzehrendes Warten auf das Losheulen der Alarmsirenen.

Im stuckverzierten Wohnzimmer, in dem geräumigen Salon mit seiner dreieinhalb Meter hohen Decke und den großen Glaskassettenflügeltüren wirkte das Tannenbäumchen noch verlorener, armseliger.
Im Kamin hatte bis vor kurzem lodernd Feuer gebrannt, jetzt glühten die armlangen Holzscheite nach, knackten ab und an. Die Kaminkacheln strahlten die Hitze in den spärlich beleuchteten Raum. Andreas betrachtete seine Handflächen im Schein der Glut, musterte die Lebenslinien, ließ die silberfarbenen Lamettafäden wie Haarsträhnen zwischen seinen rötlich schimmernden Fingern gleiten, bevor er das Engelshaar an die Zweige des Baumkindes gehängt hatte.
Ja, sogar Zeit schien zu schrumpfen.
Er hängte einige Silberkugeln in den Baum. Aus seiner zittrigen Hand fiel eine Kugel auf das hellbraune Parkett. Zerbarst. Mit dem Fuß schob er die silbrigen Scherben unter den Abstelltisch, auf dem das Bäumchen stand.
Aus einem Pappkarton auf dem anderen, edel verzierten runden Tisch unweit des Kamins entnahm er eine Handvoll "Szaloncukor", um die süße, in weiße, silbrige und goldene Papierfolie gewickelte typisch ungarische Weihnachtsdekoration paarweise an Ästen zu befestigen. Sein Chauffeur hatte am Nachmittag den Karton mit den beliebten Weihnachtsbonbons aus der ungarischen Botschaft vorbeigebracht.

Josef erzählte, dass während ihrer Abwesenheit Häuser in seiner Straße von Bomben getroffen worden seien.
Bei Ertönen der Alarmsirenen eilten Mütter und Kinder, samt den stets bereiten Koffern mit Dokumenten und den wichtigsten Habseligkeiten, zum nächsten Luftschutzraum. Auch im Keller hörte man das Pfeifen der Bomben, kurz darauf donnerte die Explosion gegen die Kellertür. Nachdem die Bombenabwürfe nachgelassen hatten und Entwarnung gegeben worden war, verließen die Menschen den Schutzraum. Ein Kind aus einem der getroffenen Häuser lief auf sein halb zerstörtes Haus zu. Das Mädchen dachte wohl, es könne etwas Liebgewonnenes retten. Eine Puppe, ein Stofftier. Seine Mutter rannte schreiend hinter dem Mädchen her. Konnte ihr Kind nicht einholen. Es verschwand im qualmenden Gebäude. Dann stürzte ein weiterer Teil der Fassade in sich zusammen. Der Mann dieser Frau war im November in Stalingrad gefallen, das Kind nun Wochen später in Berlin.
"Der Krieg ist in unserer Straße angekommen. Er frisst unsere Kinder. Wir leben in einer grauenvollen Welt", beendete der Chauffeur seine Schilderung und verabschiedete sich mit mattwarmen Worten, wie ein Fieberkranker, "aber ... irgendwie trotzdem, schöne Weihnachten, Herr von SzendrÅ‘."
Der Diplomat überreichte Josef ein verpacktes kleines Präsent, schüttelte ihm geistesabwesend die Hand.
"Es kommen bessere, lichtere Zeiten, Josef. Auch Ihnen gesegnete Weihnachten."

Andreas hängte die verbliebenen Süßigkeiten in sein Bäumchen und gab sich weiteren Erinnerungen hin.
Der Großdeutsche Rundfunk präzisierte seine Warnung vor Luftangriffen. Andreas wusste, gleich würden die Sirenen auf den Dächern von Berlin ertönen. Die Scheinwerfer den Himmel abtasten. Die Flakgeschütze böllern.
Er drehte am Rillenknopf, schaltete das Radio aus. Zog zusätzlich die schweren dichten Vorhänge zu.
Gelb und blau und rot glomm die Glut.
Er setzte sich in einen der beigefarbenen Sessel neben dem Kamin, streifte die Hausschuhe ab, entnahm dem Silberetui auf dem runden Edelholztisch eine Zigarette und zündete sie an. Er hatte sie noch nicht zu Ende geraucht, als die Alarmsirenen aufjaulten. Heulten wie eine klagende Witwe, deren Kind unter staubigen Trümmern verblutete.

Aus der Diele vernahm er ein Geräusch.
Und wie wenn ein kühler Luftzug seine Füße berührt hätte. Langsam stemmte er sich aus dem Sessel, schlich in Socken zu seinem Schreibtisch, ertastete den Holzknopf, zog behutsam eine der Schubladen auf, griff nach seiner Pistole. Es konnte außer ihm niemand in der Wohnung sein. Seine Haushälterin hatte Ausgang. Er verzog sich hinter den Schreibtisch und ging in die Hocke. Hörte eine Detonation. Ein Abwurf weiter entfernt, denn Fluglärm hatte er noch nicht vernommen. In der nachfolgenden Stille konzentrierten sich seine Sinne auf das Nesteln in der Diele. Seine Pupillen waren aufs Äußerste geweitet. Lautlos bewegte sich einer der Türflügel.
Eine Gestalt schob sich in den Salon.

Die Erscheinung trug einen langen, dunklen Umhang. Es schien, als ob das Gewand über den Fußboden schwebe, Handbreit um Handbreit in das Wohnzimmer hinein. Die Kopfpartie von einer schwarzen, spitzen Kapuze bedeckt. Der Saum der Kopfbedeckung war mit Goldfäden bestickt und schimmerte leicht. Langsam glitt die Gestalt um die Sitzecke herum, auf den Kamin zu, verharrte davor. Andreas stellte sich vor, dass jetzt die Glimmlichter aus dem Kamin etwas Fleischiges in der Kapuzenöffnung beleuchteten.
Dass die Erscheinung ein physikalisches Wesen, eine Person sein musste, daran zweifelte er keine Sekunde. Der wallende Umhang auf dem Weg von der Tür zum Kamin verriet keinerlei Körpermaße, lediglich die Größe der Gestalt ließ sich taxieren. Andreas mutmaßte einen Erwachsenen mittlerer Größe. Und trotzdem vermittelte die Erscheinung schwebend Unheimliches, ließ in ihm Assoziationen an ein Wesen aus einem Totenreich aufkommen.
Für physikalisch erklärbar hielt er alle Wesen. Erst recht die Unwesen und die Gespenster seiner diabolischen Zeit.

Von draußen drang Flugzeuglärm in die Wohnung.
Ein schrilles Pfeifen malträtierte sein Trommelfell, drang zuckend in den Kopf. Zugleich war eine Detonation zu hören, und das Haus wurde leicht erschüttert. Die Bombe wird in der Nähe eingeschlagen sein.
Andreas zitterten die Knie in der unbequemen Hockstellung hinter dem Schreibtisch. Die schwarz verhüllte Gestalt verharrte fast regungslos am Kamin. Lediglich das Licht der manchmal aufglimmenden Glut erzeugte schattenhafte Bewegungen an den Umrissen des Gewands und der Kapuze.
Nach Abklingen des Fluglärms und nach dem Verhallen der letzten Detonationen beugte sich die Gestalt näher an die Glutasche, richtete sich wieder auf, drehte sich langsam zur Raummitte. In der Öffnung der Kapuze konnte Andreas nur Dunkelheit erblicken und aus einer diffusen Schwärze hörte er einen Flüsterton.

"Van itt valaki?", fragte die Flüsterstimme.
Andreas erhob sich vorsichtig.
Er richtete seine Pistole auf die Person, die auf Ungarisch gefragt hatte, ob hier jemand sei. Mit der Kuppe seines Zeigefingers fühlte er den Seidenfaden. Würde er jetzt abdrücken, risse der Faden.
Leben war eine simple Symbolik. Dieses mörderische Dasein nichts weiter als eine tödlich lächerliche Metapher des Weltalls.
Wo, in welchem Roman hatte er davon gelesen, dass alles in der Welt lediglich Traumgebilde, nur eine Metapher sei? Es war nicht der geeignete Zeitpunkt, jetzt darüber nachzudenken.
"Was haben Sie in meiner Wohnung zu suchen?", fragte er, ebenfalls auf Ungarisch.
"Ich benötige deine Hilfe. Wir müssen Siam retten. Er leidet."
Andreas erkannte eine Frauenstimme.
Eine Verrückte. Eine, die vom Kriegsgrauen in Wahnvorstellungen getrieben wurde. Eine Witwe, die durchgedreht durch Berlins Straßen irrte und zufällig in seine Wohnung eingedrungen war. Konnte es aber purer Zufall sein, dass sie Ungarisch sprach? Er fand es zudem beunruhigend, dass sie in seine Wohnung eindringen konnte. Oder hatte Josef die Wohnungstür nicht richtig abgeschlossen?
Größte Vorsicht musste er weiter walten lassen.
Er ließ die Hand mit der Pistole nur halb sinken, drückte mit der anderen Hand auf den Knopf der Schreibtischlampe.
Die Frau schob langsam unter dem Umhang einen Arm hervor. Sie hob ihre Hand zur Kapuze und ließ die Kopfverhüllung nach hinten gleiten. Ihr Gesicht war im fahlen Licht trotzdem kaum zu erkennen. Er sah ihr dichtes, dunkles Haar. Es glänzte.
Der Blick der Frau fiel auf das geschmückte Bäumchen, in ihrem ungarischen Singsang klang jetzt ein Lächeln.
"Szaloncukor. Wie süß du bist! Du wirst mich nicht mehr kennen, mein Junge. Ich dachte, während des Angriffs würdest du Schutz im Luftschutzkeller suchen. Darum wollte ich hier warten, bis du wiederkommst. Dann spürte ich deutlich, dass jemand im Raum ist. Ich bin May. Die Prinzessin von Ägypten."
Andreas legte umständlich die Pistole auf den Schreibtisch, ließ sie fast fallen.
"Sie sind die ...?"
Er starrte ungläubig die Erscheinung an.
Eine verrückte Ungarin in Berlin, die sich als Prinzessin aus dem Land der Pyramiden ausgibt! Er traute weder dieser Gestalt noch seinen eigenen Sinnen.
"Schau her. Du glaubst mir nicht", kicherte die eben noch Verhüllte, die sich als Prinzessin vorgestellt hatte, "schau, ich werde es dir gleich beweisen, wer ich bin."
Sie zog aus einer Stofftasche, die sie unter dem Umhang trug, ein Buch hervor.
"Mach bitte mehr Licht. Sonst bleibt bei dir ewig alles im Dunkeln."
Andreas schritt verwirrt zum Lichtschalter neben der Flurtür, schaltete die Deckenleuchte ein. Jetzt sah er auch ihr Gesicht deutlicher. Es war ihm unbekannt. Ein hübsches Gesicht.
"Hier, mein Kleiner, das Buch habe ich geschrieben. Ich wette, du hast es nicht gelesen. Harem. Erinnerungen der früheren Gemahlin des Khediven von Ägypten, Prinzessin Djavidan Hanum. Das bin ich. Erschienen ist das Buch im Verlag für Kulturpolitik in Berlin 1930. Das bin ich persönlich, die Autorin, die Djavidan. Die May."

"Das Buch ...", Andreas zögerte.
"Ja, das Buch kann jeder besitzen", schmunzelte May, "aber nicht jeder war auf den Gütern deiner Tanten zu Gast. Und erst recht nicht jeder weiß, dass dieses Schloss nach dem Ableben deiner Tanten dir gehören wird. Aber besucht hast du die Dorfschule. Eine weise Entscheidung deiner Tante. Und deine Lieblingsfreundin war die Enkelin des Lehrers. Marie hieß die Goldige, wenn ich mich recht erinnere. Und deine Leidenschaft war es, barfuß auf dem Eis zu schlittern, und du Bengel schwärmtest für den roten Grafen Károlyi und für die ungarische Revolution. Worüber allerdings deine armen Tanten die Hände über dem Kopf zusammen schlugen und ..."
Andreas strich verlegen mit Daumen und Zeigefinger über seinen Schnurrbart. Ihre Angaben stimmten. Sie sprach von der Zeit der Räterepublik in Ungarn 1919, er war damals zehn Jahre alt. Nur gaben ihm die Worte keine Gewissheit, ob er nicht bloß träume.
"Und jetzt würde ich gern duschen."
"Duschen?"
Was für ein merkwürdiger Traum!
"Ja, duschen. Merke dir, reinigen muss sich jeder. Bin seit zwei Tagen in Berlin. Vorübergehend in einer schäbigen Unterkunft, weil… Spielt jetzt keine Rolle. Finde keinen Verlag mehr, habe wenig Geld dabei. Wenigstens dich habe ich gefunden. Gibt es bei dir warmes Wasser?"
"Warmes Wasser?"
"Sonst dusche ich eben kalt."
"Kalt?"
"Na komm schon. Wirst wohl noch warmes Wasser machen können. Und weil Weihnachten vor der Tür steht, kommst du gleich mit mir unter die Dusche."
"Ich ... mit ...?"
"Sei doch nicht prüde. Ich könnte deine Mutter sein. Also Abmarsch, ins Badezimmer. Auf dich warten aufregende Tage. Wir müssen Siam retten."
"Aufregung habe ich auch ohne dich genug", rutschten Andreas die Worte heraus.
"Davon erzählst du mir später", stupste May ihn an, "jetzt reinigen wir uns. Die Vergangenheit will gründlich abgewaschen werden. Ich zeige dir, wie eine orientalische Reinigungszeremonie geht."
"Orientalische Reinigung?"
"Keine Widerrede. Ab unter die Dusche."

Ungläubig schüttelte Andreas den Kopf.
Drei Nächte zuvor auf der Autobahn die dunkle Macht des Deutschen Reiches in Gestalt Heinrich Himmlers, der ihn nach der ägyptischen Königin fragt, und jetzt in einer Bombennacht steht die strahlende Prinzessin der Pyramiden vor ihm. Es war an der Zeit, aus diesem verrückten Traum aufzuwachen.
"Darf ich vielleicht vorher, ich meine überhaupt erfahren, wie Sie ..., also wie du in mein Leben, ich meine in meine Wohnung eingedrungen bist?"
"Keinesfalls von der offenen Straße her, wo der Spitzelwagen steht. Hast du ihn noch gar nicht bemerkt? Ich bin durch die Hinterhöfe gekommen. Und mit verschlossenen Türen kenne ich mich gut aus, hier in der Gegend", sie kicherte, "und im Harem übrigens auch".
Sie hat nicht alle Tassen im Schrank, dachte Andreas. Obschon, es stimmte, der Wagen in der Straße war ihm ebenfalls aufgefallen. Man lebte in einem Überwachungsstaat. Nichts Besonderes. Seit Jahren bespitzelte jeder jeden. Botschaften und deren Angehörige mit eingeschlossen. Doch warum hatte die Frau, die sich bei ihm eingeschlichen hatte, das verfluchte Fahrzeug in der Straße erwähnt. Was wollte sie damit andeuten?
"Kalt oder heiß?"
"Was kalt oder heiß?"
"Du weißt schon."
Er wusste nur um seine bleierne Müdigkeit. Um die Ausweglosigkeit allen Denkens.
Sie ging zu dem runden edelhölzernen Tisch, ihr Gang hatte nach wie vor etwas Schwebendes. Sie klaubte zwei Zigaretten aus dem Silberetui, zündete beide an, schritt zu ihm, der noch immer wie angewurzelt in der Mitte des Salons stand. Sie schob ihm einen glimmenden Stängel zwischen die Lippen.
"Jeder hat einen letzten Wunsch", sprach sie sanft.
Sie rauchte, blies den Qualm weit in die Höhe. Sie nahm und wog die Pistole in der rechten Hand. Richtete die Laufmündung auf Andreas, dann auf sich.
Schmunzelte.
"Erschießt du mich, wenn es unumgänglich werden sollte?", sagte sie halb fragend, ironisch, mit sanftem Tonfall und zwinkerte mit einem Auge. "Wir werden sie hoffentlich nie brauchen."
Sie legte die Pistole ins offene Fach und schob es langsam zu. Dann drehte sie sich wieder Andreas zu, trat nah an ihn heran. Sie war etwa ein halber Kopf kleiner als er. Sie streifte vorsichtig mit Zeige- und Mittelfinger an seinem Gesicht bis zum Kinn hinunter entlang.
"Du wirst doch nicht vor mir Angst haben!", sagte sie einfühlsam. "Ich kenne dich tatsächlich. Zumindest als Kind auf den Gütern deiner Tanten. Das Schlösschen hinter dem Akazienwald. Erinnerst du dich noch, wie betörend süßlich die weißen Blütentrauben duften? Ja, damals wolltest du Revolutionär werden und die Bösen erschießen. Erzähltest es mir. Einen Reiter der ungarischen Revolution 1919 hättest du zu der Schule geführt. Und jetzt hast du dich seit drei Tagen nicht rasiert. So schlimm?"
"Es geht", Andreas schüttelte Anspannung aus seinen Gliedern, seine blauen Augen begannen zu lachen.
"Wir bleiben immer Kinder. Nicht alle Menschen. Aber wir schon, Herr revolutionärer Diplomat. Und jetzt machst du der Schwester Nofretetes endlich das Wasser warm."


(Eintrag Nr. 6)

Sonderausgabe des Roman

2019 erschien eine limitierte Sonderausgabe von "Die Königin von Ägypten in Berlin".
Es sind lediglich 70 Exemplare, alle sind nummeriert und signiert.

Die Exemplare sind auf edlem Papier gedruckt (Caribic sandbraun)
Besonderer Schutzumschlag.
Jedes Exemplar wurde nach Druck und Bindung vom Autor einzeln signiert.
Zusätzliche persönliche Widmung auf Wunsch.

Illustrationen: Emir Roda Alır.
Prosa. PopEpik. Flexibler Einband mit Schutzumschlag, 304 Seiten, 49,50 Euro
ISBN 978-3-86356-252-6

Insbesondere für Sammler eine feine Sache.

Die Romanheldin Djavidan Hanum, geborene May Gräfin Török von Szendrő (1877 - 1968), hat zeitweilig tatsächlich in Berlin gelebt und dort u.a. ihr Buch "Harem" veröffentlicht. Über ihr Leben voller Abenteuer in Amerika, Europa und in Ägypten als ferne "Nachfolgerin von Nofretete" erzählt der Roman von Imre Török.
Djavidan Hanum und der Autor gehören der selben ungarischen Adelsfamilie an.
Ihr Begleiter im Roman, der ungarische Diplomat in Berlin (ebenfalls aus der Familie Török von Szendrő), und die Balletttänzerin und Sängerin am Staatstheater Weimar, die im Buch unter dem Künstlernamen Sophie la Bendola auftritt, sind die Eltern des Schriftstellers. Auch ihre Erzählungen und Berichte sind in den Roman zwischen Wirklichkeit und Traum eingeflossen.
Die ergreifende, spannungsvolle Geschichte spielt 1942 / 43 in Berlin; sie kann zugleich als eine Spiegelung von Geschehnissen in der Gegenwart interpretiert werden. (Kriege, Erstarken faschistischer Bewegungen, Bedrohung der Demokratien durch Diktaturen.)
Weitere Schauplätze des Romans neben Berlin sind Ägypten, Istanbul, das KZ Buchenwald und Weimar.

(Eintrag Nr. 7)

Nachwort in der Sonderausgabe

Nachwort

Der Roman orientiert sich eng an geschichtlichen Tatsachen und ist zugleich eine Collage aus Fakten und Fiktion.
In allen Fällen habe ich darauf geachtet, dass die historischen Bezüge stimmen und die Personen des Romans konkret nur Erkenntnisse formulieren, die ihnen zu ihrer Zeit, in bestimmten Fällen bis auf den Tag genau, bekannt sein konnten oder tatsächlich bekannt waren.
Jahre vor Entstehung des Romans habe ich an dem Oscar nominierten Film "Sophie Scholl - Die letzten Tage" mitgearbeitet.
Sophie und Hans Scholl kommen im Roman vor, diese Abschnitte sind keine Fiktion, sondern basieren auf Fakten.

Lediglich in einem Fall habe ich aus dramaturgischen Gründen historische Zeitabläufe verändert. Berlin war in der Nacht zum 2. März 1943 tatsächlich schweren Bombenangriffen ausgesetzt. Die Zerstörung des Berliner Zoos erfolgte jedoch während eines späteren Bombenangriffs im November 1943.
Der Elefant Siam zählte in der Tat zu den wenigen überlebenden Tieren.

Die Romanheldin Djavidan Hanum, geborene May Gräfin Török von Szendrő (1877 - 1968) hat ihr Buch "Harem" in Berlin veröffentlicht. In meinem Roman erzählt sie sinngemäß und stellenweise auch wörtlich Sätze, Passagen aus ihrem Buch.
Ihrem Begleiter, dem ungarischen Diplomaten (ebenfalls aus der Familie Török von Szendrő) und der Balletttänzerin und Sängerin am Nationaltheater Weimar, die im Buch unter dem Namen Sophie la Bendola auftritt, verdanke ich sowohl meine Geburt als auch Berichte und Erzählungen, die in den Roman eingeflossen sind.

Djavidan Hanum lasse ich im Roman sagen:
"Unsere wahrhaftige Heimat aber, wo finden wir sie?
In Ungarn, in der Türkei, in Ägypten, in Deutschland? Oder in einem Rosengarten, in der leidenschaftlichen Liebe?
Gülzar, der Rosengarten.
So heißt mein zweites Buch, im vergangenen Jahr ist es erschienen. Später einmal wird ein anderes Werk von meinem Geiste, in meinem Geiste geschrieben worden sein. Ich werde daran mitgeschrieben haben. Aus dem Hier und Jetzt.
Heb unsere Worte auf, Andreas, und streu sie weiter. Jemand wird in Zukunft das Gestreute aufsammeln und es erneut säen."

In dem Roman "Insel der Elefanten" erzähle ich einige Vorgeschichten zu Ereignissen und Personen im vorliegenden Buch.

Imre Török von Szendrő

(Eintrag Nr. 8)


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